Motivationsgeschichten
Kompetenzfeld 4: Steuerung organisationsübergreifender Kollaborationsprozesse
Motivationsgeschichte 1
- Management organisationsübergreifender Kollaborationsprozesse
4.1. Grundlagen: Was sind organisationsübergreifende Kollaborationsprozesse und wie können sie gemanagt werden?
Vorteile organisationsübergreifender Kollaborationsprozesse bei der Schaffung eines neuen nachhaltigen Baustoffs
Prof. Dr. DI Ramesh BISWAS, M.Sc. ist ein erfahrener Architekt, Stadtplaner, Produktentwickler, Unternehmer und Hochschullehrer. Er erfand ein neues Baumaterial auf Basis von Bambusverbundwerkstoffen, das technische Eigenschaften aufweist, die besser sind als Beton, Stahl oder Holz, zusätzliche Produktvorteile (wie hohe Wasser- und Feuchtigkeitsbeständigkeit) aufweist, viel nachhaltiger ist als herkömmliche Baumaterialien und es auch ermöglicht, völlig neue Designs wie architektonische Freiformen zu schaffen.
Bambus ist eine immergrüne Pflanze aus der Familie der Gräser, die als eine der am schnellsten wachsenden Pflanzen der Welt gilt. Einige Arten von Bambus können an einem einzigen Tag um 100 cm wachsen. Bambus ist eine starke, erneuerbare, biologische, grüne Ressource, die ca. sechsmal so viel C02 bindet wie ein durchschnittlicher Baum und 40% mehr Sauerstoff liefert und so dazu beiträgt, die Ziele der UN SDGs, des Pariser Abkommens und des EU Green Deal zu erreichen.
Das alternative Baumaterial ist ein Verbundwerkstoff aus Bambusfasern und kann Holz, Stahl und Beton für den Wohn- und Gewerbebau, Bodenbeläge, Fensterrahmen, Pergolen, Pavillons, Promenaden, Brücken und Gartenmöbel ersetzen.
Um die Ziele der Erstellung von gebrauchsfertigen modularen Baukästen für den Wohnungsbau zu erreichen, sind unterschiedliche Kenntnisse und Kompetenzen erforderlich. Da Rameshs Unternehmen relativ klein ist und die Kunden in der Bauindustrie nicht sehr innovativ sind und die Branche die Einhaltung vieler Standards erfordert, beschloss er, eine Zusammenarbeit verschiedener Organisationen und Unternehmen aufzubauen, um diese Herausforderungen anzugehen.
Seine Partner sind:
- Eine Universität mit einem Professor, der auf Biobindemittel spezialisiert ist. Sie veröffentlichte mehrere Artikel zu diesem Thema und die Universität verfügt auch über Laboratorien und Geräte zum Testen der Prototypen (insbesondere VOC-frei (flüchtige organische Verbindungen), wodurch die Nachhaltigkeit des Produkts noch weiter erhöht wird.
- Ein spezialisiertes Prüfinstitut, das physikalische Prüfungen nach DIN / EN-Normen durchführen kann, wie Biegeprüfung, Brandprüfungen, Wetter- und Feuchtigkeitsprüfungen usw.
- Ein Produktdesignunternehmen, das insbesondere dazu beitragen soll, innovative Verbindungssysteme zwischen den einzelnen Platten zu schaffen und so die Innovationskraft des Produkts zu erhöhen
- Ein Produktionsspezialist aus der Holzindustrie, der helfen soll, die bekannten Standards von der Herstellung von Holzplatten auf die neuen Materialien anzuwenden
Prof. BISWAS stellt von Anfang an sicher, dass alle Partner von Anfang an das „große Ganze“ und die Vision der Produktentwicklung verstehen, sich ihrer individuellen Rollen sicher sind und verstehen, dass sie als Team agieren müssen, ihre individuellen Kompetenzen zusammenführen und mit einer Reihe von Schleifen und Iterationen zusammenarbeiten müssen, um sich gegenseitig zu ergänzen, um das Endziel zu erreichen: ein fertiges Produkt.
Die verschiedenen Organisationen haben unterschiedliche individuelle Ziele. Die Hochschule ist an drittmittelfinanzierten Forschungsprojekten und wissenschaftlichen Publikationen interessiert, das Prüfinstitut ist Auftragnehmer, das Planungsbüro ist an einem Mix aus Auftragnehmer und Eigenkapital interessiert und der Produktionsspezialist aus der Holzindustrie will zukünftiger Produktionspartner werden.
Mit Hilfe der örtlichen Wirtschaftskammer und ihrer spezialisierten Berater erstellt das Team von Anfang an einen Vertrag mit Zielen, Leistungen und Meilensteinen und einigt sich auf die Verteilung der geistigen Eigentumsrechte (80% Erfinder, 15% Designfirma, 5% Universität). Sie unterzeichnen auch ein Memorandum of Understanding über die Veröffentlichung der Ergebnisse, in dem es heißt, dass die Veröffentlichung erst nach Einreichung der entsprechenden Patente und erst nach der Freigabe des Erfinders erfolgt, wobei die Universität der führende Partner für die Veröffentlichung ist, aber immer alle Mitglieder der Partnerschaft genannt werden.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass der Prozess der organisationsübergreifenden Zusammenarbeit folgende Vorteile mit sich brachte:
- Besseres Verständnis des Innovationszwecks durch Kombination verschiedener Ansichten, Erfahrungen, Expertise und Wissen im Technologie-, Prozess- und/oder Marktbereich
- Erweiterung des Know-hows durch interorganisationales, organisationales und individuelles Lernen aus verschiedenen Quellen, die in einem ähnlichen Problem- oder Herausforderungsbereich tätig sind
- Steigerung des Outputs von Innovationen durch Zusammenführung von Wissen, Kreativität und Kräften (z.B. höhere Disruptivität, Verschmelzung verschiedener Aspekte oder Technologien, schnellere Entwicklung), durch unterschiedliche Sichtweisen und durch Multidisziplinarität.
- Bündelung von Humanressourcen, Fähigkeiten und Fertigkeiten
- Bündelung von Methoden
- Bessere Entscheidungsfindung durch gemeinsame Informationen
Motivationsgeschichte 2
Der 4. Management organisationsübergreifender Kollaborationsprozesse
Der 4. 2. SCRUM und agile Entwicklung
Mitentwicklung erfolgreicher Produkte
BILLA ist mit über 1100 Filialen eine der größten Supermarktketten Österreichs und Teil der deutschen REWE Group, einer der größten Supermarktketten Europas mit mehr als 4.000 Filialen in Österreich und 8 weiteren Ländern. Im Jahr 2019 begann Billa in Österreich eng mit Start-ups zusammenzuarbeiten, um ihnen einen Zugang in ausgewählte Supermärkte zu ermöglichen und unterstützt sie mit Expertise verschiedener Expert:innen bei der Entwicklung eines erfolgreichen Produkts (https://startupticket.at/en/). Die Gruppe hat bisher mehr als 200 Produkte von über 150 Start-ups in ihr Portfolio aufgenommen. Alle ausgewählten neuen Produkte müssen die Anforderungen der UN SDGs (Sustainable Development Goals) erfüllen.
Um dies zu erreichen, hat Österreichs größter Lebensmitteleinzelhändler mit Österreichs innovativster Bank (Erste Bank) und einem sehr bekannten early stage Investor (Clever Clover) zusammengearbeitet und bietet Gründer:innen und Erfinder:innen direkten Zugang zu Coaching, Investment und Listung. In einem iterativen Prozess werden die Produkte gemeinsam entwickelt, um den Anforderungen einer modernen Handelskette gerecht zu werden, vom Produkt selbst über das Look and Feel, Marketing, die Produktverpackung, die Umverpackung usw.
Der Prozess ist einfach und schnell – eine kurze Online-Bewerbung nimmt kurz die USPs des neuen Produkts, die Zielgruppe und einige grundlegende Fakten über das neue Produkt und das Unternehmen auf. Die Produkte werden von den Expert:innen der REWE group Österreich begutachtet und es findet ein persönliches Gespräch statt, bei dem Möglichkeiten und Optionen besprochen werden. Dann beginnt der iterative Prozess – zwischen dem Start-up und den erfahrenen Expert:innen, mit dem gemeinsamen Ziel, gemeinsam ein erfolgreiches Produkt zu schaffen.
„Start-ups bringen die echten Innovationen in unsere Regale. Der First-Mover-Vorteil der Start-ups steigert zudem das Innovationsimage des Händlers“, sagt Markus Kuntke, Leiter Trend- und Innovationsmanagement der REWE Group. „Gemeinsam mit unseren Partnern Erste Bank und Clever Clover ermöglichen wir den Start-ups, ihre Produkte erfolgreich in unserem Portfolio zu platzieren – was auch aus Sicht der Produktion, der Prozesse und der Logistik eine Herausforderung darstellt.“ Auf der anderen Seite ist es wichtig, den Geist der Start-ups zu bewahren. Co-Development bedeutet nicht, dem Start-up Strukturen aufzuzwingen, sondern seine bestehenden Strukturen für eine erfolgreiche Zusammenarbeit mit einer großen Handelskette bereit zu machen. Dies ist ein Prozess auf Armeslänge, auf der gleichen Ebene, und kein Prozess, bei dem die Start-ups untergeordnet sind.
„Wir bewerten das Marktpotenzial und sind der externe Begleiter des Start-ups. Die meisten Start-ups verfügen nicht über fundierte Kenntnisse in den Bereichen Retail-Kalkulation, Positionierung oder internationales Branding – und genau hier setzen wir an“, sagt Heinrich Prokop von Clever Clover. „Es ist auch wichtig, dem Start-up eine schnelle Skalierung zu ermöglichen, wenn nach einem Probeauftrag ein voller Auftrag vorliegt.“
Der Bankpartner (Erste Bank) hilft bei der Entwicklung einer Finanzierungs- und Skalierungsstrategie. „Unsere Rolle als Bank ist es, das Start-up bei der Finanzierung zu beraten und auch zu finanzieren“, sagt Birgit Polster von der Erste Bank.
Dieses Verfahren umfasst mehrere Iterationen, da die Ergebnisse einer Phase Einfluss auf eine andere Phase haben, mit Markttests an physischen Standorten – bis das Endprodukt zur vollständigen Markteinführung bereit ist.